[b]christian muthspiel, solo mürztaler blasorchester blaskapelle voestalpine roseggerheimat krieglach rudolf zangl, dirigent \"für und mit ernst\" nach und mit gedichten ernst jandls mauricio kagel aus: 10 märsche, um den sieg zu verfehlen werner pirchner glück und glas[/b] Wenn auf einem Programm Ernst Jandl, Mauricio Kagel und Werner Pirchner stehen, kann es sich nur um ein sehr ungewöhnliches Konzert handeln. Dichter der eine, Komponist der zweite und Jazzmusiker der dritte, ist allen doch eines gemein: Der unvertraute Umgang mit dem Vertrauten. So wie [b]Ernst Jandls[/b] Lautpoesie sein erschüttertes Vertrauen in die traditionelle Gedichtform widerspiegelt, so unterwirft auch Mauricio Kagel die kompositorischen Prinzipien der Vergangenheit und Gegenwart einer ständigen Befragung – und Werner Pirchner wirft die Bedeutungshoheit der Konvention in quasi anarchistischem Sinne über Bord. Jandl, der selbst gerne Musiker geworden wäre (\"Wenn ich Musik machen könnte, würde ich keine Gedichte schreiben, oder nur ganz nebenbei\", sagte er einmal) hat in seinen Gedichten auf den balladenhaften Wohlklang verzichtet und gerade dadurch eine ganz eigene lyrische Sprache entwickelt, deren Mehrdeutigkeiten sich nicht nur im Sprachspielerischen erschöpft haben, sondern oft auch eine politische Dimension erreichten. Die oft evidente musikalische Sinnhaftigkeit vieler seiner Gedichte hat viele Musiker zu einer Auseinandersetzung angeregt, darunter auch den Komponisten und Multiinstrumentalisten Christian Muthspiel, der einige von Jandl selbst gesprochene Gedichte zu einem imaginären und dabei doch sehr realen Dialog \"für und mit ernst\" kombiniert und komponiert hat. [b]Mauricio Kagels[/b] Werk zu beschreiben fällt schwer angesichts der großen Unterschiedlichkeit in Art und Umfang seiner Werke. Wohl bei keinem anderen Komponisten unserer Zeit greifen die einzelnen Gattungen so ineinander: Die Grenzen zwischen Instrumentalund Vokalmusik, Musiktheater, Hörspiel und Film sind oft so fließend, dass eine eindeutige Zuordnung nicht erfolgen kann. Als Sohn emigrierter russischer Juden in Argentinien aufgewachsen, studierte er Musik, beschäftigte sich aber ebenso intensiv mit Literatur und Film. Seit 1957 in Köln lebend, erlebte er dort die maßgeblichen künstlerischen Strömungen der Zeit mit, darunter auch den Höhepunkt der FLUXUS-Bewegung, deren Konzept des instrumentalen Theaters ein prägendes Erlebnis war. Immer wieder richtet sich Kagels Streben danach, überkommene Situationen zu überhöhen und so ihre Bedeutung zu hinterfragen. Beispiele dafür sind neben der szenischen Komposition \"Staatstheater\", deren Uraufführung einen handfesten Skandal auslöste (vergleichbar mit der Uraufführung des \"Heldenplatz\" von Bernhard in Wien), und den Oratorien \"Ludwig van\" und \"St. Bach-Passion\" auch die \"…zehn Märsche um den Sieg zu verfehlen\", die Teil des Radiostücks \"Der Tribun\" waren, in dem die inhaltslose Pose des Politikers, der auf einem leeren Platz zu einer nur akustisch inszenierten Menschenmenge spricht, brilliant bloßgestellt wird. Auch [b]Werner Pirchners[/b] 1995 für die Eröffnung der von André Heller konzipierten Svarowski-Kristallwelten in Wattens/Tirol geschriebenes siebensätziges Stück \"Glück und Glas\" ist als reines Bläserstück konzipiert. Einmal mehr beschäftigt Pirchner sich hier mit der ironischen Brechung der Volksmusiktradition unter Einbeziehung von Elementen aus der Popkultur, wie sie sein Werk seit seinem Debüt mit \"ein halbes doppelalbum\" und \"der untergang des alpenlandes\" geprägt haben.