Heilige Messe im Münster

Agata Zubel, Sopran Andreas Schablas, Klarinette Maria Helfgott, Orgel Ernst Kovacic, Violine Anton Heiller Jubilatio für Orgel Karl Schiske Choral-Partita op. 46 für Orgel Anton Heiller Ave Maria für Sopran, Violine und Klarinette Jehan Alain Litanies für Orgel [b]freier Eintritt[/b] [b] In Kooperation mit der röm.-kath. Pfarre Neuberg an der Muerz [/b] [b]Spirituelle Fundamente [/b] Ohne Übertreibung kann gesagt werden, dass Anton Heiller (1923-1979, Wien) zu den hervorragenden Orgelspielern seiner Generation zählte. Bedenkt man außerdem seine stilistischen Einflüsse, die sich weit über den süddeutschen Raum erstreckten, seine Improvisationskunst, sein vom romantischen Klangbild abgewandtes Musikdenken und nicht zuletzt sein kompositorisches Schaffen, war er meiner Meinung nach überhaupt der bedeutendste Organist der Jahre zwischen 1950 und 1975. Er selbst nennt als Anreger Johann Nepomuk David, Frank Martin und Olivier Messiaen. Seine Interpretationen der Werke Johann Sebastian Bachs an Orgeln mit mechanischer Traktur waren beispielgebend. Wer je erlebt hat, wie er improvisierte, wie er die Rezitative in den Passionen Bachs figurativ und textbezogen deutete, wird dem beipflichten. Schließlich wandte er sich auch der Dodekaphonik zu, aber seine Arbeiten mit Zwölftonreihen verloren nicht den Zusammenhang mit tonalen Fundamenten. Heillers AVE MARIA für Sopran, Violine und Viola respektive Klarinette (1944) ist ein schlichtes, kleines Stück aus Jugendtagen, dem man die Beschäftigung mit dem gregorianischen Choral und mit den Quarten Hindemiths anmerkt. Insgesamt modal, ruhig fließend, und wohl zwecks Verschleierung der Taktbetonung im 5/4-Takt. – Hingegen ist die JUBILATIO für Orgel, 1976 anlässlich des hundertjährigen Bestandes des Doblinger-Musikverlages entstanden, ein Dokument des Spätstils Heillers, voll dissonanter, gleichsam stehender, in sich kreisender Klangballungen, gebaut aus in sich verschränkten Terzschichtungen. Ein Bezug auf Bachs Choral-Motiv (\"Allein Gott in der Höh’\"), das Heiller selbst \"Jubilatio\" nannte, ist zweifellos gegeben. Interessenten sei das Buch \"Anton Heiler – Alle Register seines Lebens\" von Peter Planyavsky empfohlen, 2009 in der Edition VABENE erschienen. Ohne Karl Schiske (1916, Raab – 1969, Wien) wäre man hierzulande in Sachen neuer Musik weit abgeschlagen gewesen: Was er lehrte, machte Schule, allerdings mit individuellen Ausprägungen. Er war es, der zwischen 1955 und 1969 junge österreichische Komponisten und Komponistinnen (fast alle seine Schüler) auf die Darmstädter Internationalen Ferienkurse für Neue Musik aufmerksam machte und ihnen die Wege dorthin ebnete. Viele von ihnen sind in die Riege der überregional Bekannten aufgerückt: Kurt Schwertsik, Gösta Neuwirth, Ivan Eröd, Erich Urbanner, Otto M. Zykan, Anestis Logothetis, Luna Alcalay, Günter Kahowez, um nur einige zu nennen. Friedrich Cerha besuchte aus eigener Initiative die Ferienkurse. Dr. Schiske, 1942 promovierter Musikwissenschaftler, machte sich selbst zweimal vor Ort mit der dort sozusagen ausgebrüteten rasanten Evolution der Musik vertraut, informierte sich auch über die elektronische Musik, ohne dass er selbst die wahrgenommenen Phänomene seiner Musik gravierend einverleibt hat. Auch sein Schülerkreis nützte die in Darmstadt gesammelten Erfahrungen und Eindrücke für das eigene Schaffen sehr unterschiedlich. Der geduldige Lehrer Schiske förderte bei seinen Schülern das Bewusstsein kompositorischer Unabhängigkeit, die er selbst vorlebte. Es ging ihm grundsätzlich um die innere Wahrheit der Musik. 1952 erhielt er an der Wiener Musikakademie eine Professur für Komposition – nach Überwindung von Hindernissen, welche ihm die nach wie vor an Schlüsselstellen tätigen Nazis in den Weg gelegt hatten, weil er zu \"modern\" dachte. Schiskes Musik lässt sich nicht in eine Schublade zwängen. Anfangs sind Einflüsse von Hindemith und Strawinsky spürbar (neoklassizistische Elemente). Das so genannte Musikantische hat er nie gänzlich aufgegeben. Konsequent beschritt er den Weg zur Reduktion auf das Wesentliche, zur Transparenz des immer lapidarer werdenden Materials. Synthese aller Parameter und der musikalischen Gedanken, gekoppelt mit klarer, strenger Gesetzmäßigkeit, prägen sein Spätwerk. Das Persönliche seiner Tonsprache überdeckt, was als konstruktiver Einfluss auf Webern und den Serialismus hinweisen könnte. Karl Schiske ist, gemessen an der Aufführungszahl seiner Werke, unterbewertet. Er drängte sich ja auch nie an irgendeine Rampe. Die CHORALPARTITA für Orgel, op. 46, ist ein Spätwerk, 1957 entstanden, ein Jahr vor seiner Schlüsselkomposition \"Synthese für vier mal vier Instrumente\". Diese Partita (sieben kurze Sätze) dokumentiert Schiskes Verwurzelung in der europäischen Musikgeschichte. Formal verarbeitet er zwei Musikformen des Mittelalters: Motette (Motet, Motetus) und Bicinium. Die Motette, ursprünglich vokal, mehrstimmig und mehrgliedrig, ist meist streng polyphon gebaut. Bicinien (Zwiegesang) sind kleine kontrapunktische Tonstücke, gegensätzliche Abschnitte innerhalb der Motette. Diese, hier dreistimmig linear polyphon, erklingt dreimal, wobei die Stimmen vertauscht werden. Basis sind die beiden Choräle \"Mitten wir im Leben sind\" und \"Vom Himmel hoch da komm’ ich her\". Als Vor-, Nach- und Zwischenspiele fungieren vier Bicinien, zwölftontechnisch komponiert, wieder werden die Stimmen vertauscht und der Urgestalt folgt deren Krebs. L. K.

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So / 20.06.2010
10.00 Uhr
neuberg an der mürz / münster