IN ERSTER LINIE SKULPTUR –
Denkform und Formensprache
Georgia Creimer, Canan Dagdelen, Judith Fegerl, Dorothee Golz, Gunda Gruber, Sophie Hirsch, Christine und Irene Hohenbüchler, Luisa Kasalicky, Angelika Loderer, Marianne Maderna, Brigitte Prinzgau, Liesl Raff, Frenzi Rigling, Meina Schellander, Toni Schmale, Marusa Sagadin und Julie Hayward
kuratiert von Julie HaywardZur Ausstellung spricht Silvie Aigner.
Die Ausstellung, die von Julie Hayward initiiert und für das kunsthaus muerz kuratiert wurde, zeigt Objekte und Skulpturen von insgesamt 18 Künstlerinnen aus zwei Generationen, die, wie der Titel bereits impliziert, in erster Linie im Medium Skulptur und Objektkunst arbeiten – von Pionierinnen wie Marianne Maderna, Meina Schellander bis zu jungen Positionen wie Angelika Loderer, Liesl Raff, Judith Fegerl und Sophie Hirsch. Dabei wurden von Julie Hayward in Rücksprache mit den Künstlerinnen jeweils ein bis zwei Werke ausgesucht, die repräsentativ für das Gesamtwerk der jeweiligen Künstlerin sind. Durch den Austausch mit den Künstlerinnen ist aus einer fixen Vorstellung von einer Ausstellung ein organisch gewachsenes Gesamtbild entstanden.
Wenngleich die jeweiligen Herangehensweisen an das Medium sehr unterschiedlich sind, so zeigen die Werke – quer durch die Generationen – formale wie inhaltliche Gemeinsamkeiten. Etwa in der Neuinterpretation organischer und biomorpher Formen, in der Bezugnahme auf den Körper, in den vielfältigen Aspekten konstruktiven Gestaltens, in der Verbindung zu Wissenschaft und Technik, in der Betonung des Materials, oder in der Einbeziehung von Schrift und Text. Dabei geht es den Künstlerinnen schon lange nicht mehr darum „etwas für einen Sockel zu schaffen“, wie Kurt Beers, Herausgeber des 2019 erschienenen Guidebook 100 Sculptors of Tomorrow, erklärte, sondern um vielschichtige Antworten. So befragen die Künstlerinnen nicht nur die Form des Objekts, taktile Erfahrungen und sensible Haptik der Oberflächen, sondern auch das Material sowie den Raumbezug der Skulptur per se. Sie loten dabei nicht nur die Möglichkeiten der Werkstoffe aus, bis hin zu flüchtigen und fluiden Elementen, sondern auch die Grenzen der Skulptur an der Schnittstelle zu Video, Performance, Fotografie und Grafik, um die Zukunft ihres Mediums zu definieren, zu hinterfragen und weiterzuentwickeln – auch in Auseinandersetzung mit Themen wie Zugehörigkeit, Identität und Migration.
Dabei werden formale Parameter ebenso wie die Wahl des Materials zur Metapher inhaltlicher Anliegen. Nicht selten sind Latex, Silikon und Textil adäquate Werkstoffe im Kontext von Umhüllung, Haut und Körperlichkeit, von Individualität und Hierarchien. Die Beschäftigung mit dem Körper, oder der amorphen Form wird zum Sensorium allgemeiner gesellschaftlicher Tendenzen und Themen und tritt den Betrachter:innen, trotz einer kritischen Haltung, als phantasievolles Gedankenkonstrukt entgegen – bis hin von zuweilen surrealen Formen. In einer Verschränkung von Innen- und Außenwelten sowie in einer kritischen Reflexion ihrer Umwelt, in Dialog mit Material und Form, entwickeln die Künstlerinnen eine unverwechselbare Bildsprache.
Dabei spielen die Prozesshaftigkeit in der Konzipierung der Skulptur, die auch oft aus der Zeichnung heraus gedacht wird, ebenso eine Rolle wie die Konstruktion und Zerlegung von Raumstrukturen. Zuweilen werden Materialien unkonventionell und überraschend miteinander verbunden oder spielen Form und Material der Skulptur mit den Gegensätzen von Schwere und Leichtigkeit. So werden unterschiedliche Bezugssysteme sichtbar, in denen auch Elemente der Malerei und Architektur eingebunden sind. Und auch wenn die Kunst sich ganz gut um sich selbst kümmern kann und vielfach das Skulpturale per se im Vordergrund steht, so sind die Werke stets eine pointierte Sicht auf die Gegenwart. Die Ausstellung will und kann naturgemäß nicht den Anspruch stellen, die gesamte Bandbreite der gegenwärtigen Objekt-, Skulptur- und Installationskunst abzubilden. Im Fokus stehen in sich geschlossene Skulpturenformen, in denen so Julie Hayward „Die DenkFORM und die FORMENsprache der einzelnen Objekte eine wesentliche Rolle spielen.“ Die Auswahl soll auch keine kunsthistorische Einordnung sein, sondern ist aus dem subjektiven Blickwinkel und den Vorlieben einer Künstlerin als Kuratorin entstanden, die selber skulptural arbeitet, und sich daher intensiv mit dem Thema auseinandersetzt.
Die vielfältigen Überschneidungen zwischen den einzelnen Werken wird durch die gelungene Aufstellung der Skulpturen im kunsthaus muerz hervorgehoben. Und so gibt die Ausstellung doch auch einen profunden Einblick in die Objektkunst der Gegenwart von Künstlerinnen, die in Österreich leben. Sie ist von Julie Hayward als räumliche Gesamtheit konzipiert, um die formalen wie inhaltlichen Verbindungen über die Generationen hinweg zu betonen und auch für die Besucher:innen erfahrbar und nachvollziehbar zu machen. (Silvie Aigner)
Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag: 10 – 18 Uhr, Sonntag: 10 – 16 Uhr
Dauer der Ausstellung: 11.05.2025 – 22.06.2025