jess-kropfitsch / thomas daniel schlee

[b]elisabeth jess-kropfitsch, violine stefan jess-kropfitsch, violoncello thomas daniel schlee, orgel olivier messiaen monodie für orgel alfred schnittke stille musik für violine und violoncello arnold schönberg zwei fragmente zu einer orgelsonate anton von webern drei kleine stücke für violoncello und orgel karl heinz füssl fantasie op 17 für orgel thomas daniel schlee jubilus für violine, violoncello und orgel (uraufführung) hanns eisler duo op 7/1 für violine und violoncello olivier messiaen subtilité des corps glorieux für orgel[/b] Als bedeutendster Komponist des zwanzigsten Jahrhunderts für die Orgel gilt der Franzose [b]Olivier Messiaen.[/b] 1908 in Avignon geboren, wuchs er in einer literarisch geprägten Familie auf. Als Student von Marcel Dupré und Paul Dukas studierte er Orgel und Komposition, darüber hinaus aber auch Klavier und Schlagzeug. 1931 wurde er Titularorganist an der Pariser Kirche Sainte-Trinité, 1936 schloss er sich mit Komponisten wie André Jolivet zur Gruppe "Jeune France" zusammen, die sich im Gegensatz zu dem damals vorherrschenden Neoklassizismus einen expressiveren Kompositionsstil zum Ziel gesetzt hatte. 1941 wurde er an das Pariser Conservatoire verpflichtet, wo er einer der maßgeblichen Kompositionslehrer des vergangenen Jahrhunderts wurde – zu seinen Schülern zählen u.a. Pierre Boulez, Iannis Xenakis, Karlheinz Stockhausen, George Benjamin und auch Thomas Daniel Schlee. 1944 legte er sein Lehrbuch "Technique de mon language musical" vor, in dem er seine grundsätzlichen Kompositionsprinzipien darlegte, dener er mit geringfügigen Modifikationen lebenslang folgte. Anregungen aus dem Studium der Zahlenmystik und indischer Rhythmen, der Gregorianik, der Klangwelt javanischer Gamelan-Orchester und der Musik Claude Debussys und Igor Strawinskys und vor allem der Gesang der Vögel führten Messiaen auf der Basis einer tiefen Religiosität zu einem in Rhythmus und Klang unverwechselbaren Stil. Als einer der maßgeblichen sowjetrussischen Komponisten nach Schostakowitsch hatte [b]Alfred Schnittke[/b] einen großen Anteil an der Entwicklung der Musik seines Heimatlandes. Als Angehöriger der deutschen Minderheit im Wolgagebiet geboren, verbrachte er einen teil seiner Jugend in Wien, bevor er in Moskau u.a. bei dem Webern-Schüler Philipp Herschkowitsch studierte, der ihm die Musik der Zweiten Wiener Schule nahe brachte. Dadurch geprägt und durch die einerseits epische und andererseits ironisch-gebrochene Musik Dimitri Schostakowitschs entwickelte Schnittke gegen Ende der sechziger Jahre eine sehr persönliche Musiksprache, die sich nur ungenau als "etwas", aber doch sehr gut als "gegen etwas", nämlich die herrschende Musikdoktrin des sozialistischen Realismus interpretieren lässt. Anders als Pärt, der als Folge dieser "Flucht vor den Verhältnissen" seine Musik in einer imaginären, archaischen Vergangenheit ansiedelte, oder Valentin Silvestrov, dessen post-romantische "Metamusik" einem verlorenen Schönheitsbegriff hinterher trauert, ist Schnittke noch am ehesten als Erbe Schostakowitschs zu bezeichnen – auch weil er dem gestischen Moment in seiner Musik breiten Raum einräumt. Davon geprägt ist auch die 1979 von Oleg Kagan und Natalia Gutman uraufgeführte "Stille Musik", die Michail Druskin, einem der hervorragendsten Musikwissenschaftler der Sowjetunion, gewidmet ist und die in ihrer Kürze und meditativen Ruhe wie ein gedehnter Aphorismus einen eigenwilligen Kommentar zum Heroismus der sowjetischen Kultur darstellt. Aus der Korrespondenz zwischen [b]Arnold Schönberg[/b] und William Strickland, dem Generalherausgeber der Contemporary Organ Series, geht hervor, dass Schönberg Anfang August 1941 den Auftrag erhielt, für die Reihe eine Komposition beizutragen. Er begann sofort mit einer dodekaphonen Sonate, Strickland bat jedoch um eine Variationenreihe oder Suite, so dass Schönberg die Idee einer Sonate wieder verwarf. Geblieben sind von der geplanten Sonate, deren thematisches Material Schönberg wenig später in seinem Klavierkonzert verwendete, nur zwei jeweils 50 und 25 Takte lange Fragmente. Schönberg war kein Experte für Orgel und legte mit den anstelle der Sonate komponierten Variationen op. 40 sein einziges Werk für dieses Instrument vor. Allerdings hatte er sich schon zu Beginn des Jahrhunderts mit der Ogel beschäftigt, wie aus einem als Fragment erhaltenen Artikel über "Die Zukunft der Orgel" hervorgeht, in dem er darlegte, dass die Orgel als unzeitgemäßes Instrument eher den Vorstellungen des Interpreten denn des Komponisten entspräche. Beredtes Zeugnis seiner Beschäftigung mit dem Instrument legen (wenn auch indirekt) seine 1922 und 1928 entstandenen Orchesterbearbeitungen von Orgelwerken Johann Sebastian Bachs ab, in denen er weniger versucht, die klare Registertrennung des Stimmen im Orchester zu imitieren, sondern vielmehr – ähnlich wie später auch Webern bei seiner Instrumentation des Ricercare aus "Ein Musikalisches Opfer" – die einzelnen Motive als thematische Klangzellen durch die Instrumentengruppen wandern, wodurch der Effekt einer "Klangfarbenmelodie" entsteht, wie sie der Komponist in seiner "Harmonielehre" von 1911 beschrieben hatte. "Weil ich zu keiner Zeit vom Komponisten-Job abhängig sein wollte (sogar ein Angebot Brechts habe ich deswegen ausgeschlagen), leiste ich mir den Luxus des Nonkonformismus: zu komponieren, was, wann und wie ich will – zu einer Zeit, in der gar so viele just auf exakt dieselbe Art wie viele andere "originell" sein wollen. "Originell" ist in. Bei mir aber löst, was zur Tagesmode verkommt, regelmäßig heftige Gegenreflexe aus." Diese fast mozartisch-selbstbewußten Worte stammen von [b]Karl Heinz Füssl,[/b] einem der begabtesten und eigenwilligsten Komponisten seiner Generation, der gleichzeitig – auch hier einer österreichischen Tradition folgend (man denke an Egon Wellesz oder Erwin Ratz) – einer der bedeutendsten Musikwissenschaftler des Landes war: Als Mitarbeiter und Mitherausgeber war er an den maßgeblichen Neuausgaben des musikalischen Erbes beteiligt: Die Haydn-Gesamtausgabe, die neue Mozartausgabe, die Wiener Urtextedition und die Gustav-Mahler-Ausgabe, die er von 1974 bis zu seinem allzu frühen Tod 1992 leitete, verdanken ihm viel. Aber auch sein kompositorisches Werk war breit gefächert: Ausgebildet bei so unterschiedlichen Charakteren wie Hugo Distler, Alfred Uhl, Clemens Krauss, Hans Swarowsky, Josef Polnauer und Erwin Ratz, ist er einer jener "Enkel" der Schönberg-Schule mit einem ausgeprägten Individualismus, dem es gelang, die Techniken der Zweiten Wiener Schule und Eingängigkeit des Werks miteinander zu verknüpfen, wofür seine 1978 entstandene und mehrfach umgearbeitete Fantasie für Orgel exemplarisch steht. [b]Thomas Daniel Schlee:[/b] Jubilus op. 35a für Violine, Violoncello und Orgel Im Gregorianischen Gesang ist ein "Jubilus" die aus der Freude geborene melismatische Fortspinnung und Ausschmückung einer Gesangskontur. Das vorliegende im Sommer 2007 für das kunsthaus muerz komponierte Werk beruht auf zwei ganz unterschiedlichen Elementen: einem Motiv aus meiner Kirchenoper "Ich, Hiob" (2007) und dem Schlussteil von "Wacht auf, Harfe und Saitenspiel" (1995). Die beiden Strophen des Initiums münden jeweils im erwähnten melodischen Zitat, bevor – nach einer als kurze Steigerung angelegten Überleitung – das eigentliche Zentrum des Stückes in Gestalt eines hymnischen Gesanges erreicht ist. Auch dieser ist von zahlreichen Elementen "colorierender" Bewegung gekennzeichnet, erreicht seinen Höhepunkt jedoch in einem homophonen Aufschwung. Über das in seiner Originalgestalt wiederkehrende "Hiob"-Motiv vollzieht sich die Wende zum zarten Ausklang, in dem die Melismen des Beginns den Kreis des Werkes schließen. Es ist noch immer ein Missverständnis, das [b]Hanns Eisler[/b] als Komponisten der ehemaligen DDR abstempelt, war er doch Zeit seines Lebens Österreicher, der nur die letzten dreizehn Jahre seines Lebens in der DDR zubrachte. 1898 zwar in Leipzig geboren, übersiedelte er bereits im Alter von drei Jahren wieder in die ursprüngliche Heimatstadt seiner Familie. Geprägt durch sein intellektuelles und familiäres Umfeld begann er sich schon früh mit den Ideen des Kommunismus zu identifizieren, was auch zum zeitweiligen Bruch mit seinem Lehrer Arnold Schönberg führte. Als eigenwilligstes Mitglied des Schönberg-Kreises nahm er (wie u. a. auch Webern) aktiv an der Arbeitermusikbewegung teil; anders als Webern aber nicht nur als Interpret, sondern er stellte auch einen Großteil seiner Werke in deren Dienst, getreu der Maxime, dass Musik "nützlich zu sein habe" und dass technischer und gesellschaftlicher Fortschritt Hand in Hand zu gehen haben. Diese eindeutig zuordenbaren Kompositionen – neben den Liedern vor allem seine Filmmusiken und die oratorischen Werke "Die Maßnahme" (gemeinsam mit Bertolt Brecht) und "Deutsche Sinfonie" – verdecken oft den anderen Komponisten Eisler, der mit seinen Ensemblewerken wie der "Palmström"-Kantate oder der im amerikanischen Exil entstandenen experimentellen Filmmusik "Vierzehn Arten, den Regen zu beschreiben" und seiner Kammermusik einen gewichtigen Beitrag zu einer undogmatischen neuen Musik geleistet hat. Noch in der Zeit des Unterrichts bei Schönberg entstand in Wien das zweisätzige Duo für Violine und Violoncello, in dem Eisler das avantgardistische Postulat einer fortschrittlichen Materialbehandlung mit am konsequentesten befolgt hat.

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Mi / 03.10.2007
19:30 Uhr
neuberg / grünangerkirche