KONZERT IM WERK

KONZERT IM WERK Friedrich Cerha Geboren 1926 in Wien, Studien an der Musikakademie (Violine, Komposition, Musikerziehung) und an der Universität (Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie). Friedrich Cerha gründet 1958 zusammen mit Kurt Schwertsik das Ensemble die reihe. Seit 1960 folgten zahlreiche Engagements als Dirigent, die seinen Ruf als Interpret der 2. Wiener Schule (Schönberg, Berg und Webern) begründen. Cerha erstellte den 3. Akt von Alban Bergs unvollendeter Oper Lulu. Neben Solo, Chor-, Kammer- und Orchesterwerken schuf Cerha große Bühnenwerke (Spiegel, Baal, Der Rattenfänger, Der Riese vom Steinfeld). Kaum ein anderer Österreichischer Komponist konnte der Neuen Musik dieses Landes so viel Bedeutung geben wie Friedrich Cerha, der in der Nachkriegszeit tonangebend für die radikale Erneuerung der Musiksprache in Österreich war; er gilt aus internationaler Sicht als der bedeutendste zeitgenössische Komponist Österreichs. Eine Art Chansons für 1 Chansonnier, 1 Schlagzeugspieler, Klavier und Kontrabass (1985-1987) In den frühen Fünfzigerjahren stand ich mit einigen meiner Komponistenfreunden avantgardistisch gesinnten jungen Malern nahe, die sich im Art-Club gesammelt hatten; ihr Vereinslokal, der „Strohkoffer“, wurde aber auch von jungen Dichtern (H. C. Artmann, Gerhard Rühm, Konrad Bayer etc.) frequentiert, die später mit anderen (etwa Ernst Jandl) unter dem Begriff „Wiener Gruppe“ subsummiert wurden. Ihre Sprachexperimente mit hochdeutschen Elementen, Dialekt, verballhornten Fremdsprachen oder auch Sprachfehlern waren mir also früh bekannt, ich hatte aber zu diesem Zeitpunkt keine konkreten Vorstellungen, um mich kompositorisch damit auseinander zu setzen. Stilistisch schloss diese Literatur natürlich an dadaistische Vorbilder an, auch u. a. an Schwitters (dessen „Kleines Gedicht für große Stotterer“ ich übrigens in meinen Zyklus aufgenommen habe). Die meisten Gedichte aus den Fünfzigerjahren unterscheiden sich aber von Dadaistischem durch einen realen, erfahrbaren Hintergrund, auf dem sich die Verformungen vollziehen. Der Zyklus von 60 Miniaturen, in dem ich auf Grund meiner Erfahrungen nun dieses Material, das mich jahrzehntelang begleitet hatte, kompositorisch in die Hand nehmen und eine Methode entwickeln konnte, die Texte musikalisch überzeugend adäquat ihrer Sprache und ihrer Mentalität zu gestalten, ist vielschichtig. Er umfasst artistische Sprach- und Formspiele, Alltags-Satiren, Populär-Groteskes und Politisch-Zeitkritisches. Insgesamt hat es mich gereizt, an Stelle der gepflegten Aura des Lieds die Direktheit des Chansons anzupeilen, die sakrifizierten Bereiche der „Großkunst“ einmal hinter mir zu lassen, mich auf dem gefährlichen Terrain der „Kleinkunst“ zu bewegen und bei Wahrung des musikalischen Qualitäts-anspruchs – teilweise spielerisch – Verhaltens- und Reaktionsweisen zu überspitzen, ins Absurde zu überdrehen oder auch das Schaurig-Banale an der Realität unmittelbar zu zitieren. Ich hoffe, ein Publikum zu finden, das mir auf dieser Gratwanderung mit Vergnügen – zuweilen auch mit Betroffenheit – folgt. Von besonderer Bedeutung war mir der dramatische Aufbau des Zyklus. In seiner Mitte kristallisiert sich ein sehr ernsthaft zeitbezogener Abschnitt (Wien Heldenplatz, 13. März) heraus, später auch ein nostalgisch gefärbter (Kleeblattgasse). Gegen Ende häufen sich die Dialekttexte. Natürlich wird insgesamt immer wieder mit Zitaten, aber auch nur mit Modellanspielungen gearbeitet. Zugeschnitten ist das Ganze auf vier äußerst virtuose, intelligente Musikerfreunde, von denen der Komponist und „Chansonnier“ Heinz Karl Gruber weitere Anregungen gab. (Friedrich Cerha) Ensemble die reihe Das Ensemble „die reihe“ wurde 1958 von Friedrich Cerha und Kurt Schwertsik gegründet und gehört zu den traditionsreichsten Ensembles für Neue Musik in Europa. Es verstand sich stets als Vorkämpfer für die Präsentation zeitgenössischer Musik und bot der Avantgarde ein permanentes Forum im österreichischen Musikleben. Die musikalische Bandbreite des Ensembles umfasst die wesentlichen Kammermusikwerke aller neuer Stilrichtungen, wobei die Pflege der zweiten Wiener Schule (Schönberg, Berg und Webern), einen bedeutenden inhaltlichen Schwerpunkt bildet. Besonderes Augenmerk wurde stets auch auf das künstlerische Schaffen nach 1945 gelegt. Seit den frühen sechziger Jahren veranstaltet das Ensemble „die reihe“ nicht nur eigene Konzertzyklen in Wien, sondern ist regelmäßig bei den führenden internationalen Avantgarde-Festivals zu Gast. 1983 übernahm Heinz Karl Gruber die künstlerische Leitung des Ensembles, das mit bedeutenden Dirigenten und ersten Solisten zusammenarbeitet. Heinz Karl Gruber Heinz Karl Gruber, geboren 1943, ist ein Wiener Original. Er war Kontrabassist im Radiosinfonieorchester Wien. Seit den 70er Jahren wandte es sich immer mehr dem Komponieren und Dirigieren zu. „Naly“, wie er von Freunden genannt wird, wurde von Leonard Bernstein und Sir Simon Rattle gefördert, die sich durch seine anarchische, undogmatische Frische inspiriert fühlten. Seine quer zur musikalischen Avantgarde stehende Ästhetik baut auf der klassischen und volkstümlichen Wiener Musiktradition und dem musikalischen Kabarett der Weimarer Republik auf; namentlich sind für ihn Kurt Weill und Hanns Eisler bedeutsam. Gruber gründete 1966 mit seinen Komponistenkollegen Kurt Schwertsik und Otto M. Zykan das Ensemble MOB art & tone ART, das, tonale und populäre Idiome aufgreifend, als Widerspruch zur vorherrschenden postseriellen Bewegung Aufsehen erregte. „Die „Tonalität, die eine alte Maschine ist“, müsse nur frisch geölt werden, um wieder in Schwung zu kommen (daher das Wortspiel tone ART). Heinz Karl Gruber erfuhr Prägungen durch die Wiener Gruppe geprägt, HC Artmann (mit dem für Zürich die Oper „Herr Nordwind“ entstand), Gerhard Rühm, Konrad Beyer, Friedrich Achleitner und Oswald Wiener. Sprache und Verständlichkeit sind wichtige Charakteristika seiner Musik: „Worrrtdeutlichkeit ist mein Steckenpferd, rrrollendes rrrr, Konsonanten, die platzen wie Handgranaten und helle Vokale, so dass man (…) jedes Wort versteht und die lautmalerische Qualität des Textes in die Musik einbeziehen kann.“ Entmilitarisierte Zonen Heinz Karl Grubers „Entmilitarisierte Zonen“ sind Inseln der Ruhe in Elementen verschiedenster Marschfragmente, die vom „Badenweiler Marsch“ über Sousas „Washington Post March“ bis zum „Ungarischen Marsch“ von Berlioz gehen. Das Werk vermittelt den Eindruck, als ließe der Komponist mehrere einander feindlich gegenüberstehende Militärkapellen so lange aufeinander los, bis sie sich trotz wiederholter Störmanöver letztlich doch auf ein friedlichen Zusammenspiel einigen können. [img]images/img06/konzertimwerk1.jpg[/img] [img]images/img06/konzertimwerk2.jpg[/img] [img]images/img06/konzertimwerk3.jpg[/img] [img]images/img06/konzertimwerk4.jpg[/img]

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Sa / 21.10.2006