Pariser Quartette

Linde Tutz-Brunmayr / Traversflöte John Holloway / Barockvioline Lorenz Duftschmid / Viola da gamba Ulrike Becker / Barockcello Lars Ulrik Mortensen / Cembalo [b]Concerto in D-Dur (Pariser Quartette Nr. 2)[/b] Allegro – Affettuoso – Vivace [b]Quatuor in a-moll (Pariser Quartette Nr. 8 aus Nouveaux Quatuors)[/b] Allegrement – Flatteusement – Légèrement – Un peu vivement – Vite – Coulant [b]Sonata prima in A-Dur (Pariser Quartette Nr. 3)[/b] Soave – Allegro – Andante – Vivace [b]Quatour in e-moll (Pariser Quartette Nr. 12 aus Nouveaux Quatuors)[/b] Prélude – A discretion / tres vite – Gay – Vite – Gracieusement – Distrait – Moderé) [b]Pariser Quartette[/b] Im Herbst 1737 erfüllte sich [b]Georg Philipp Telemann[/b] einen langgehegten Wunsch: Er reiste für einige Monate nach Paris, ins Zentrum der von ihm hochgeschätzten französischen Musik. \"Je suis grand Partisan de la Musique Françoise, je l’avoue\" [\"Ich muss gestehen, dass ich ein großer Liebhaber der Frantzösischen Music sey\"], hatte er dem Hamburger Kollegen und Musikschriftsteller Johann Mattheson 1717 mitgeteilt, (der den Brief nebst beigefügter deutscher Übersetzung in seiner Critica Musica abdruckte) und in der Tat faszinierte ihn schon Jahre zuvor die Eigenart des französischen Stils. In seiner Jugend begann er, die verschiedenen national geprägten Musikstile zu studieren, zu verarbeiten, zu verändern, bald zum sogenannten \"vermischten Geschmack\" in der Musik (Johann Joachim Quantz) zusammenzuführen. Mit an der französischen Musik orientierten Ouvertürensuiten, Konzerten, Kammermusik, sogar mit einem vollständigen französischen Kantatenjahrgang und später einer Passion, mit Opernmusik und einem großen Motet (französische Form der Psalmvertonung für Soli, Chor und Orchester) sowie mit zahlreichen musiktheoretischen Äußerungen setzte er sich für die Verbreitung dieses Kunststils in Deutschland ein und wirkte beispielgebend auf seine Zeitgenossen. Man meinte sogar, dass Telemann \"französischer\" als die Franzosen selbst komponiere, sodass Mattheson hintergründig meinte: Ob Telemann \"seine Pariser-Reise zum lernen oder lehren angestellet gehabt, stehet im Zweifel. Ich glaube mehr zum letzten, als ersten Zweck\" (Der Vollkommene Capellmeister, Hamburg 1739). Matthesons 1740 in Hamburg publizierte berühmte Musikerbio-graphiensammlung Grundlage einer Ehren- Pforte enthält die letzte der drei Autobiographien Telemanns, in der sich der Komponist auch umfassend über die Zeit in Paris äußert: \"Meine längst-abgezielte Reise nach Paris, wohin ich schon von verschiedenen Jahren her, durch einige der dortigen Virtuosen, die an etlichen meiner gedruckten Wercke Geschmack gefunden hatten, war eingeladen worden, erfolgte um Michaelis, 1737. und wurde in 8. Monathen zurück geleget. Daselbst ließ ich, nach erhaltenem Königl. Generalprivilegio auf 20 Jahr, neue Quatuors auf Vorausbezahlung, und 6. Sonaten, die durchgehends aus melodischen Canons bestehen, in Kupffer stechen.\" Telemanns Parisaufenthalt wurde ein grandioser Erfolg: Sein am französischen Vorbild orientierter und doch stilistisch eigenständiger Grand Motet \"Deus judicium tuum regi da\", eine Vertonung des 71. Psalms, erklang in den Concerts spirituels. Noch nie zuvor hatte es ein ausländischer Komponist geschafft, mit einem derart monumentalen Vokalwerk Eingang in eben jene ureigen französischen Konzerte in den Pariser Tuilerien zu finden. Telemann erwarb zudem ein königliches Privileg, das ihm ermöglichte, eigene Kompositionen in Paris drucken und auf 20 Jahre innerhalb der Grenzen Frankreichs schützen zu lassen. Mit diesem Privileg erschienen 1738 die in der Autobiographie genannten \"neuen Quatours\" (Nouveaux Quatuors, die sog. Pariser Quartette) und die \"6. Sonaten, die durchgehends aus melodischen Canons bestehen\" (die XIIX. Canons mélodieux). Wir wissen nicht, ob Telemann die sechs Nouveaux Quatuors in Paris komponiert hat oder ob sie schon zu seinem Reisegepäck gehört haben. Einige Jahre früher aber hatte er bereits eine Quadri-Sammlung in seinem eigenen Hamburger Verlag veröffentlicht (der Begriff Quartett wurde zu Telemanns Zeit nicht verwendet, man sprach von \"Quadro\" oder französisch \"Quatuor\"). Hierbei handelt es sich um die sechs dem Flötenvirtuosen Joachim Erasmus von Moldenit gewidmeten Quadri à Violino, Flauto Traversiere, Viola di Gamba o Violoncello, e Fondamento; ripartiti in 2. Concerto, 2. Balletti, 2. Sonate, Hamburg 1730. Wenige Jahre später (1736/37) wurden die Hamburger Werke von dem bedeutenden Musikverleger Charles-Nicolas Le Clerc in Paris nachgedruckt (nun mit französischem Titel Six Quatuors). Auf Grund dieses Nachdrucks hatte sich 1965 Walter Bergmann dafür entschieden, jene 1730 in Hamburg komponierten Quadri und die Nouveaux Quatuors (Paris 1738) in zwei Bänden der Telemann- Auswahlausgabe unter dem gemeinsamen irreführenden Titel \"Pariser Quartette\" zu veröffentlichen. Fortan bezeichnete die Musikwelt sowohl die echten Pariser als auch die Hamburger Werke mit diesem Namen – so auch unser heutiges Programm. Ein Quadro war nach dem Verständnis von Telemanns Zeitgenossen eine anspruchsvolle kompositorische Gattung. Es galt als \"Probierstein eines ächten Contrapunctisten\". Wie Johann Joachim Quantz, Komponist und Flötenlehrer des preußischen Königs Friedrich II., ausführt, konzertieren dabei drei klanglich verschiedene Instrumente (also kein Streichquartett) gleichberechtigt über dem instrumentalen Bassfundament, wobei nicht zu hören sein soll \"ob diese oder jene Stimme den Vorzug habe\" (Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen, 1752). In diesem Sinne kann jedes der hier eingespielten Werke als mustergültig betrachtet werden. Telemann wusste um die klanglichen Eigenheiten der verschiedenen Instrumente, kannte ihre spieltechnischen Eigenheiten und Vorzüge und konnte sie daher idiomatisch und klangfarblich einsetzen. Er komponierte beide Sammlungen für Traversflöte, Violine, die in Frankreich sehr beliebte Viola da gamba (alternativ dazu das modernere Violoncello) und Basso continuo (Cembalo, eventuell zusätzliches Saiteninstrument). Sicherlich bahnten u.a. die Hamburger Quadri dem Erfolg Telemanns in Paris den Weg. Durch den schon erwähnten Nachdruck von Le Clerc waren sie in den musikinteressierten Kreisen im Umlauf. Zuvor hatte schon die Musique de Table (Hamburg 1733) zahlreiche Abnehmer in Frankreich gefunden. Telemann kam somit nicht als Unbekannter nach Paris, er war schließlich \"durch einige der dortigen Virtuosen, die an etlichen meiner gedruckten Wercke Geschmack gefunden hatten, […] eingeladen worden\", möglicherweise von jenen Musikern, die seine Nouveaux Quatuors in Paris zur Aufführung brachten. Wie Telemann in der Autobiographie von 1740 mitteilt, wurden die Nouveaux Quatuors von den damals besten Pariser Virtuosen dargeboten. Der Komponist war von der Interpretation begeistert: \"Die Bewunderungs-würdige Art, mit welcher die Quatuors, von den Herren Blauet, Traversisten [Michel Blavet, Komponist, Mitglied der Musique du Roi, 1740 erster Flötist des Opernorchesters]; Guignon, Violinisten [Jean-Pierre Guignon, nachmalig Roy des Violons]; Forcroy, dem Sohn, Gambisten [Jean-Baptiste Antoine Forqueray, Mitglied der Hofkapelle]; und Edouard, Violoncellisten [Vorname nicht bekannt, 1755 von Marpurg als Mitglied des Orchesters des Concert spirtuel erwähnt], gespielet wurden, verdiente, wenn Worte zulänglich wären, hier ein Beschreibung. Gnug, sie machten die Ohren des Hofes und der Stadt ungewöhnlich aufmerksam, und erwarben mir, in kurtzer Zeit, eine fast allgemeine Ehre, welche mit gehäuffter Höflichkeit begleitet war.\" Die große Beliebtheit der Kompositionen in aristokratischen und bürgerlichen Kreisen dokumentiert nicht zuletzt die mehrseitige Subskribentenliste, die dem Pariser Notendruck beigegeben wurde. Sie verzeichnet 287 Subskribenten vorrangig aus Frankreich (darunter die von Telemann genannten Musiker) und Deutschland (u.a. Johann Sebastian Bach in Leipzig, \"Johann Friedrich Fasch in Zerbst und Johann Georg Pisendel in Dresden), aber auch aus anderen europäischen Städten zwischen Riga und Cadiz oder Christiania (Oslo) und Venedig. [b]Einzelkarten: Euro 26.- / 16.- Abonnements: Einzelabonnement Euro 78.- / 48.- Partnerabonnement (für zwei Personen) Euro 132.- [/b]

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Sa / 08.01.2011
19.30 Uhr
kunsthaus muerz / anton webern saal